Hallo Nachbar!
„Der Name Landstadt soll andeuten, dass die neue Anlage weder den uniformen Charakter einer Siedlung, noch städtische Bautypen zeigen wird“ schrieb die Tagwacht zu Baubeginn der Landstadtsiedlung am 16. Mai 1936 und weiter: “Sie soll … dem ländlichen Charakter des Geländes in Bezug auf Form, Farbgebung und künstlerische Gestaltung der Umgebung harmonisch angepasst werden.“ Dies ist bis heute richtig. Der bewegten Geschichte unserer Siedlung, mit ihren radikal geänderten Randbedingungen, den schwierigen Herausforderungen in Vergangenheit und Zukunft ist diese Webseite gewidmet. Wir laden Sie herzlich ein, daran teil zu nehmen.
Wenn wir die alten Satzungen, Verträge und Vorschriften lesen, die unsere Altvorderen unterschreiben mussten, dann fragt man sich schon: wie konnten sie nur mit solch engen Regeln einverstanden sein? Klar ist, in den zwanziger und dreißiger Jahren des vorigen Jahrhunderts, mit Inflation (1923) und Weltwirtschaftskrise (1929/30), war der Bau eines Eigenheims in Eigenregie für eine junge Familie, schon aus finanziellen Gründen so gut wie unmöglich. Der Bau- und Heimstättenverein (BuH), der neben Mietwohnungen auch den genossenschaftlichen Bau von Reichsheimstätten betrieb (benannt nach dem Reichsheimstättengesetz vom 10. Mai 1920), ermöglichte es aber, zu zumutbaren Konditionen an ein „Häuschen im Grünen“ zu gelangen. Die neuen Heimstätter damals kamen zum großen Teil aus den Vororten Stuttgarts oder Gemeinden im mittleren Neckarraum, die durch die Industrialisierung stark gewachsen waren und hatten dort erlebt, wie durch Spekulation und Verdrängungswettbewerb die Immobilienpreise stiegen und im gleichen Maß der Wohnwert sank. Dass sich die Genossenschaft also strikte „Spielregeln“ gab, wurde von ihnen auf Grund dieser Erfahrungen nicht als Bevormundung empfunden, sondern für den Bestand einer lebenswerten Wohnsiedlung als schlichtweg notwendig erachtet.
Ein wichtiges Ziel der Gesamtplanung der Landstadtsiedlung war, sie harmonisch in die Hanglage und umgebende Natur einzubetten. Daraus ergaben sich Firsthöhen, Dachneigungen und Gebäudeabstände. Der architektonische Reiz beruht auf dem Einklang zwischen einzelnen Gebäuden und Gesamtsiedlung. Der bei einer Reichsheimstätte übliche Nutzgarten wurde anfangs eher als Ziergarten geplant, in den bald folgenden Kriegsjahren aber zur Selbstversorgung mit allem bepflanzt, was in der etwas rauen und schattigen Nord- hanglage gedieh. Überhaupt, die Not der Kriegsjahre schränkte die Ausübung der Heimstättenordnung sehr stark ein. Nach dem Krieg, als ein Großteil der Häuser durch die Militärregierung beschlagnahmt wurde und zunächst mit Flüchtlingen, später mit US-Offizieren und deren Familien belegt wurden, war man zwar um die Wiederherstellung der Bewohnbarkeit bemüht, aber das Erscheinungsbild und vor allem die Gärten verwilderten zusehends. Dies änderte sich als nach 1954 die besetzten Häuser wieder an ihre ursprünglichen Besitzer (genauer gesagt: Heimstätter) übergeben wurden und diese mit viel Einsatz die Wohnungen innen und außen restaurierten und die Gärten neu anlegten. Die Siedlung erhielt ihr gefälliges Aussehen zurück. Weisungen oder gar Zwang durch den Bau- und Heimstättenverein waren dabei nicht nötig, allerdings war die Heimstätte weder frei vermietbar noch frei verkäuflich. Dies trug möglicherweise mit dazu bei, dass man überhaupt nicht auf die Idee kam, den in der Siedlung geltenden Baustil in Frage zu stellen. Eine tiefe Zäsur war dann die Streichung der Wohnungsgemeinnützigkeit 1988 (Rundschreiben Bau- und Heimstättenverein 1988), die zum Rückzug des Bau- und Heimstättenvereins aus der Landstadt führte. Aus Heimstättern wurden „richtige“ Hausbesitzer. Dass diese gewonnene Freiheit auch einen gewaltigen „Pferdefuß“ hatte, wurde dann gleich 1989 offensichtlich, als das Haus Landschreiberstrasse 19 (von Anna Haag erbaut und bis 1954 von ihr bewohnt) an einen Bauträger verkauft wurde, der dort ein 8-Familienhaus mit Tiefgarage erstellen wollte. Das Projekt scheiterte am geschlossenen Widerstand der Landstädter und führte dazu, dass die Siedlung eine Erhaltungssatzung (Begründung Erhaltungssatzung 1991) bekam, aber auch dazu, dass die Bewohner heute den kleinen und großen „Bausünden“ sehr viel kritischer gegenüber stehen.Zu einer Siedlung in der man gerne wohnt, gehört aber nicht nur der respektvolle Umgang mit deren einmaliger Architektur sondern vor allem auch eine gute Nachbarschaft. Diese Web-Seite möchte dafür eine Plattform sein. Sie sind herzlich eingeladen!
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